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Elke Krasny Academy of Fine Arts Vienna, Institute for Art and Architecture

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Krasny, Elke. “Entwurfsbasiert”. Entwerfen erforschen: Der “performative turn” im Architekturstudium, edited by Angelika Schnell, Eva Sommeregger and Waltraud Indrist, Berlin, Boston: Birkhäuser, 2016, pp. 180-187. https://doi.org/10.1515/9783035610949-024

Paula Strunden and Desilava Petkova in “Re-enacting Le Corbusier’s way of sketching”

entwurfsbasiert

Wie kommt der Entwurf in die Lehre? Wie kommt die Lehre in den Entwurf?

Den Ausgangspunkt für die nachfolgenden Beschreibungen, analytischen Reflexionen und metatheoretischen Fragestellungen bildet die Lehrveranstaltung »Entwurfsprojekt in Geschichte, Theorie, Kritik«, die über mehrere aufeinanderfolgende Semester von Angelika Schnell gemeinsam mit Eva Sommeregger am Institut für Kunst und Architektur an der Akademie der bildenden Künste Wien geleitet wurde. An mich wurde seitens der Lehrenden die Einladung ausgesprochen, als eine der kommentierenden, kritisch nachfragenden, Feedback gebenden Gastkritikerinnen und Gastkritiker sowohl Mitte des Semesters wie auch am Ende des Semesters zu fungieren. Diese Einladung bot mir die Gelegenheit, sowohl die für den Erarbeitungsprozess der Studierenden methodisch relevante Vorgangsweise, die in der Lehre eingesetzt wurde, nachvollziehen zu können wie auch die zum einen mehr ins Installative gehenden und zum anderen deutlich mehr an Lecture-Performances orientierten Präsentationen der Ergebnisse kennenlernen und direkt bei den Studierenden wie auch bei den Lehrenden nachfragen zu können. Dies an den Anfang dieses Essays zu stellen ist deshalb von Bedeutung, da viel zu selten das Augenmerk darauf gelenkt wird, dass Innovationen und neue Fragestellungen für die Forschungsarbeit aus den Methoden der Lehre erschlossen werden können.

Der Text beginnt mit einer kurzen Beschreibung eines der von zwei Studierenden gemeinsam erarbeiteten Ergebnisses, dessen Präsentation in Form einer Lecture-Performance mir nachdrücklich in Erinnerung geblieben ist. Eine analytische Reflexion der zentralen Operationen der Lehrmethode, die zu einer innovativen Dimension im entwurfsbasierten forschenden Arbeiten hinführen, bildet den Hauptteil dieses Essays. Anstelle einer zusammenfassenden Konklusio wage ich es vielmehr, an das Ende dieses Texts eine Eröffnung auf eine metatheoretische Forschungsperspektive zu skizzieren. Der letzte Teil entwirft einen größeren metatheoretischen Bezugsrahmen und wird jene Schlüsselfragen stellen, die meines Erachtens aus dieser innovativen Lehrmethode folgen und für zukünftige experimentell auch das Entwerferische einsetzende Forschungarbeit in der Verbindung von Architekturpraxis, Architekturgeschichte und Architekturtheorie von Relevanz sein könnte und müsste.

le corbusier in action

Die beiden Studierenden Desislava Petkova und Paula Strunden setzten sich in ihrer Semesterarbeit mit einer berühmt gewordenen schwarz-weißen Konzeptskizze von Le Corbusier aus dem Jahr 1935 auseinander (Seite 26-33 und Seite 94-101). Publiziert wurde diese Skizze in La ville radieuse. Le Corbusier setzte vielfach sehr einfache, schnell gezeichnet anmutende und schematisch gehaltene Konzeptskizzen als Mittel der Überzeugungsarbeit für eine zukünftig zu bauende Architektur ein. Diese Konzeptskizzen sind daher als Argumente anzusehen. Meine nun folgende Argumentation, dass sich die Entwurfsbilder gezielt nicht nur durch das, was gezeichnet ist, sondern vielmehr auch dadurch, wie gezeichnet ist, an ein Gegenüber richten, beruht darauf, das Re-enactment von Desislava Petkova und Paula Strunden gesehen zu haben. Indem die beiden Studierenden ihre Abschlusspräsentation als Lecture-Performance durchführten und die Corbusier’sche Konzeptskizze des Jahres 1935 live vor Publikum wieder zeichneten, wurde deutlich, dass die Linienführung diese Gerichtetheit artikuliert. Nicht nur das Gezeichnete, sondern vor allem der festgehaltene Akt des Zeichnens spricht direkt an. Diese Differenz ist wesentlich. Sie erkennen zu können, beruht auf der experimentierenden Lehrmethode, mit der Desislava Petkova und Paula Strunden gearbeitet haben. Die Konzeptskizze von Le Corbusier spricht das Gegenüber direkt an. Die Skizze hat eine Gerichtetheit an ein Publikum, an ein Live-Publikum ebenso wie ein Publikum von Leserinnen und Leser einer Publikation. Die Skizze stellt mit den Mitteln des Entwerferischen und des Zeichnerischen die Artikulation des Vorgangs der Adressierung dar. Das Gegenüber ist in der Skizze präsent, erkennbar. Das adressierte Gegenüber wird durch die Konzeptskizze impliziert in die Herstellung von Architektur. Das Gegenüber ist notwendig als Auftraggeberin oder Auftraggeber. Durch das performative Re-enactment konnten die beiden Studierenden, die mit den Mitteln der Architekturpraxis entwurfsbasiert forschen, den Nachweis erbringen, dass Le Corbusier auf der Ebene der Konzeptskizze selbst den Akt der Adressierung des Gegenübers zur Darstellung bringt, diesen Akt gleichermaßen aufführt und entwirft. Die Zeichnung der Konzeptskizze wächst dem Gegenüber entgegen. Die Linienführung kommt dem Gegenüber, dem Publikum entgegen, nimmt sie gleichsam in der Bewegung der Entwurfsgerichtetheit auf. Ebenso stellt die Konzeptskizze die Behauptung einer Möglichkeit der Realisierung auf. Zusammen genommen bewirken die Adressierung des Gegenübers und die Behauptung der Möglichkeit, dass das Gegenüber für die Realisierung der Behauptung adressiert wird, dass das Publikum in die Umsetzung des in der Konzeptskizze Entworfenen impliziert wird. Die Zustimmung, die Bejahung, die politische und ökonomische Zukunft des durch das Entworfene als möglich Behaupteten muss vom Gegenüber gegeben werden, denn davon hängt diese Zukunft letztlich ab. Diese Bewegung zwischen Behauptung und Adressierung verkörpert die Konzeptskizze, führt die Konzeptskizze gleichermaßen auf und vor. Es ist diese Bewegung, die durch das Re-enactment der Studierenden für die kritische Analyse deutlich greifbar wird. Die Arbeit von Desislava Petkova und Paula Strunden eröffnet folglich neue Einsichten für die Theoretisierung von Entwurf und Entwerfen.

Reflexion der Lehrmethode

Wie das vorangegangen beschriebene und analysierte Beispiel von le corbusier in action verdeutlicht, verwendet die Lehrmethode Architekturentwürfe, die mit in der hegemonialen Architekturgeschichtsschreibung kanonisch gewordenen Namen von Architekten verbunden sind. Zur Aufgabe gestellt ist es, diese ausgewählten Entwürfe mit jenen Methoden, die aus der zeitgenössischen Praxis des Architekturentwerfens, welches Architekturstudierende lernen, kommen und folglich auch der Arbeit mit bereits existierenden, historischen Entwurfsbildern zugrunde gelegt werden können, experimentell zu analysieren. Die Entwurfsbilder werden daher, den Vorgang der Analyse wörtlich nehmend, auseinandergenommen. Dadurch werden Schlussfolgerungen möglich, die sich nicht dem historisch tradierten Wissens-kanon der Architekturgeschichte verdanken, in den diese Entwurfsbilder qua der autoritativen Kraft der Namen der Architekten, die hinter diesen Entwürfen stehen, eingeschrieben sind. Vielmehr resultieren die Schlussfolgerungen aus der Analyse auf der Ebene des Entwurfs selbst. Die Analyse erfolgt qua Methoden und Denkweisen, die sowohl explizit wie implizit in die Praxis des Architekturmachens, des Architekturdenkens, des Architekturentwickelns eingelassen sind.

Diese Methode der Lehrveranstaltung, die einen experimentierenden Forschungszugang mit den Mitteln der Architekturentwurfs-praxis eröffnet, operiert mit strategischen Verschiebungen entlang der produktiv zu machenden Verbindungen zwischen historischem Entwurfswissen und zeitgenössischer Entwurfspraxis sowie zwischen historischer Entwurfspraxis und zeitgenössischem Entwurfswissen. Die historischen Entwurfsbilder werden nicht als »passive« Lehrmaterialien eingesetzt, die in Hinblick auf ihre jeweilige historische

Relevanz für die Konsolidierung eines Kanons der Architekturgeschichte überprüft und deshalb ausgewählt wird, sondern viel mehr als »aktive« Wissensobjekte. Auf der Ebene der Mittel des Entwerferischen wird die Frage, welches Wissen der Architektur durch die Einschreibung dieser Entwurfsbilder in die Architekturgeschichte als zu aktualisierendes, zu erschließendes und neu zu befragendes gespeichert ist, eröffnet.

Die erste Operation dieser Lehrmethode besteht darin, dass die historische Distanz gleichsam aufgelöst wird und somit die Trennung, die das historische Entwurfsbild und die Gegenwart voneinander distanzieren, als überwunden erscheinen kann. Die Entwurfsbilder der für die Lehre ausgewählten Entwürfe werden im Zusammenhang mit dieser Lehrmethode nicht als Zeugnisse eines durch die Architekturgeschichtsschreibung festgehaltenen Wertekanons distanzierend, konservierend, musealisierend oder monumentalisierend verstanden, sondern vielmehr als zu aktivierende Wissensspeicher des Entwerfens, des Denkens sowie des Darstellens von Architektur aufgerufen.

Die zweite Operation dieser Lehrmethode besteht darin, dass jene Distanz, die durch die Bedeutungszuschreibungsprozesse und die Hierarchisierungen der architekturgeschichtlichen Historisierung entsteht und die den Status des Kanonischen in einen langfristig zu bewahrenden Sicherheitsabstand transformieren, überwunden wird. Dieser Status des Kanonischen wird im Folgenden von mir noch mit weiteren Details ausgeführt, bevor die dritte Operation beschrieben wird. Das Kanonische musealisiert. Das Kanonische schließt ab. Es verhindert zumeist den neuerlichen Zugriff durch das entwerferische Wissen, nicht jedoch den neu interpretierenden, neu ordnenden, neu analysierenden Zugriff durch Theoretisierung oder Historisierung. Das Kanonische trennt diese Entwürfe, die sich mit Namen und Positionen der Architekturgeschichte verbinden, von der entwerferischen Arbeit, die Studierende während ihres Studiums leisten. Diese musealisierende Einschreibung in den Architekturgeschichtskanon qua ihrer Architekten-Autoren schützt die Entwürfe zwar vor ihrem Vergessen, aber paradoxerweise auch vor ihrer (Wieder)Aktivierung als lebendig gebliebene Wissensspeicher des Entwerfens. Diese Entwürfe werden im Architekturgedächtnis behalten, da sie durch die Architekturlehre tradiert werden, aber sie werden nicht in der Entwurfspraxis aktiviert. An dieser Differenz setzt die Methode strategisch ein. Da die für die Lehrveranstaltung ausgewählten Entwurfsbilder von durch den hegemonialen Architekturgeschichtskanon legitimierten Architekten-Autoren stammen, wie von Le Corbusier, Ludwig Mies van der Rohe, von Aldo Rossi oder Peter Eisenmann, ist es zentral, die vorherrschende Distanz des kanonische Status auf der Ebene des entwerferischen Wissens zu überwinden und solche Entwurfsbilder wieder in die Bearbeitungsnähe durch Studierende und experimentell Forschende zurückzuholen. Ihre durch die Kanonisierung erzielte Musealisierung bewahrt solche Entwürfe davor, dass sowohl das Was als auch das Wie auf diesen Entwurfsbildern dargestellt wird, in der Lehre durch eine aufzunehmende Untersuchung oder Analyse auf der Ebene des Entwurfswissens und im Weiteren des Architekturwissens selbst eingesetzt wird. Das Entwurfswissen sowie das Architekturwissen werden hier im doppelten Sinne verstanden. Es handelt sich sowohl um jenes Wissen, das in den Entwurfsbildern angelegt ist, in ihnen gespeichert ist, als auch das Wissen, das die Studierenden durch ihr Architekturstudium produzieren, erlernen, bereits erworben haben und in diese Lehrmethode einbringen können.

Die dritte Operation dieser Lehrmethode besteht darin, dass jene Distanz überwunden wird, die das als abgeschlossen und final zu betrachtende Entwurfsbild, anders ausgedrückt, das Entwurfsbild als das Ende des Entwurfs, vom Arbeitsprozess des Entwerfens trennt. Die historischen Entwurfsbilder werden durch diese Lehrmethode im Status ihres entwerferischen Arbeitsprozesses wieder aufgenommen und nicht im Status ihrer Fertigstellung. Sie werden nicht als zu konservierendes Objekt begriffen, sondern als zu befragender Prozess. Dies aktiviert die Entwurfsbilder als Arbeitsprozess, der in seiner Prozessualität befragbar wird, nochmals »en-acted« werden kann, wie das Beispiel von le corbusier in action deutlich vor Augen führt. Das setzt nun die folgenden beiden Fragen frei. Wie ist hier entworfen worden? Was ist hier entworfen worden? Die Vorgangsweise erlaubt, dass die Entwurfsbilder nicht in der Finalität des Entworfenen angesehen werden, sondern zurückzukehren an einen imaginierbaren Beginn, der das Entwerfen in Gang setzt. Zugleich erlaubt diese Vorgangsweise, den Entwurf im Status dessen, was hier entworfen worden ist, zu befragen und in Hinblick auf die Möglichkeiten des Architekturmachens zu analysieren, in Hinblick auf die Architektur, die aufruhend auf dem Entwurf gebaut werden könnte. Indem nach dem Wie und dem Was des Entwurfs gefragt werden kann, tritt das Wer, die autoritative, kanonisierte Figur des Architekten-Autors so weit zurück, dass der Entwurf nochmals bearbeitbar wird, also in den Status des experimentierenden Weiter-Arbeitens zurückgeholt werden kann. Diese Rückholung setzt die experimentierende, forschende Herangehensweise frei. Diese Rückholung vollzieht einen performative turn auf der Ebene historischer Entwurfsbilder, die in die gegenwärtige Befragung durch das entwerferische Denken freigesetzt werden. Dies trägt sowohl zu einer neuen experimentellen architekturgeschichtlichen Wissensproduktion bei als auch zu einer neuen Wissensproduktion des Entwerfens.

Über das Entwurfsbild verbindet sich die entwerfende Arbeit historischer Architekten mit der mit den Mitteln des Architekturentwurfs befragenden und forschenden Arbeit der Architekturstudierenden. Auf der Ebene des Entwurfs selbst werden von den Studierenden Untersuchungen dazu durchgeführt, welches Wissen aus den Entwurfsbildern freigesetzt werden kann. Durch die analysierende, experimentierend forschende Arbeit der Studierenden werden die Entwürfe wieder zugänglich gemacht, und zwar als Austragungsort der Verhandlung des Wissens des Entwurfs und des Wissens der Architektur. Durch diese Methode gewinnt die entwurfsbasierte Analyse eine neue und innovative Dimension.

Metatheoretische Fragen

Die intensive Reflexion der Lehrmethode, die im vorangegangenen Abschnitt von mir anhand einer Analyse der drei verschiedenen Operationen, die sich in dieser Methode als wirksam werdend erkennen lassen, nachvollzogen wurde, führte mich zu den nun im Folgenden skizzierten epistemischen Fragestellungen. Diese sind auf der Metaebene angesiedelt und betreffen die Verhältnisse zwischen der Architektur, dem Entwurf und der Lehre. Diese Verhältnisse stellen sowohl ein wissenschaftshistorisch-epistemisches Untersuchungsfeld dar wie auch ein immer wieder aktuell neu zu bestimmendes Aushandlungsfeld in den jeweiligen Praxen von Architektur, Entwurf und Lehre.

Ich mache die folgenden drei zentralen Fragen aus, die durch diese Lehrmethode aufgeworfen werden. Die erste dieser Fragen lautet: Wird das Verhältnis zwischen dem Entwurf und der Architektur über die Lehre bestimmt? Die zweite Frage lautet: Wird das Verhältnis zwischen der Lehre und der Architektur über den Entwurf bestimmt? Die dritte Frage lautet: Wird das Verhältnis zwischen dem Entwurf und der Lehre über die Architektur bestimmt?

Nun könnte sicherlich der Einwand erhoben werden, dass es sich dabei doch um allzu ähnliche Fragen handle, die sich viel einfacher in einer gemeinsam gestellten Frage zusammenfassen ließen. Jedoch, das Gegenteil ist der Fall. Indem die Frage nach den Verhältnissen zwischen Architektur, Entwurf und Lehre in voneinander differenzierend gestellten Fragen aufgefächert wird, wird deutlich gemacht, dass das, was über die Fragestellung als das jeweils das Verhältnis bestimmende Element angesehen wird, den Blick für die Analyse historisch gewordener und zeitgenössisch tradierter Machtverhältnisse bestimmt. Nach den Verhältnissen zwischen Architektur, Entwurf und Lehre zu fragen, ist gleichermaßen architekturrelevant, das heißt, die Architektur als bauende Praxis betreffend, epistemisch, das heißt, die Architektur und die Lehre der Architektur als spezifische Formen der Wissenshervorbringung betreffend, historisch, die Architektur und die Lehre der Architektur als historisch geworden betreffend, und politisch-philosophisch, das heißt, die Architektur und die Lehre der Architektur in ihrer Reflexion und Theoretisierung betreffend, die auch über das engere Feld von Architektur, Lehre und Entwurf hinausgehen. Wodurch werden die machtvollen Beziehungen in den Verhältnissen zwischen Architektur, Lehre und Entwurf bestimmt?

Daher kann es auf der Ebene eines metatheoretischen Projekts der Untersuchung dieser Fragen nicht um die isolierte Beantwortung jeder einzelnen dieser drei Fragen gehen, sondern um die komplexe Verschränkung der Fragen und möglicher historisch-materialistischer, machtanalytischer, und, wie wir anhand der Methode der Lehrveranstaltung gelernt haben, performativ-entwurfsbasierten Erarbeitungen von Antworten. Wodurch wird etwas bestimmt? Wie wirkt das, was bestimmt, auf das, was bestimmt wird? Wie wirkt das, was bestimmt wird, auf das zurück, wodurch es bestimmt wird?
Historisch, und auch in der Gegenwart der universitären Architekturlehre, gilt der Entwurf als die Königsdisziplin. Dies hatte weitreichende epistemische Folgen. Der Entwurf speichert das Wissen der Architektur. Entwerfenkönnen, das Wissen des Entwurfs zu haben und das Wissen des Entwerfens zu haben, konstituiert Architektinnen und Architekten. Der Entwurf bringt nicht nur die Architektur hervor, sondern auch die Architektinnen, die Architekten und in Folge auch jene, die Entwurf lehren können. Alle anderen Wissensgebiete der Architektur, sei es die Tragwerkslehre oder die Architekturgeschichte, werden, dieser historischen Formation der epistemischen Machtlogik folgend, zu dienenden, untergeordneten Wissensgebieten in der Architekturlehre. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lässt sich historisch auf der Ebene des Wissens des Entwerfens eine Suche nach den Möglichkeiten der Systematisierung und der Methodisierung des Entwerfens durch die Architekturpraxis feststellen. Zugleich lässt sich eine wissenschaftsgeschichtliche Veränderung ausmachen, die die zunehmende Theoretisierung sowohl der Architekturgeschichte wie der Architekturpraxis betrifft. Nicht zuletzt nehmen diese Theoretisierungen kritisch in den Blick, was eine Königsdisziplin epistemisch bedeutet, welche Auswirkungen die Vorstellung einer Königsdisziplin auf Geschlechterdifferenzen und andere intersektionale Differenzkategorien hat. Als Analysekategorien betreffen diese genannten Differenzen zum einen das Untersuchungsmaterial der Architekturgeschichte, wie historische Entwürfe in ihren Entwurfsbildern, Architekturphotographie und gebaute

Architektur selbst. Zum anderen betreffen die genannten Differenzen auch das, was kritische Untersuchungen der Architekturlehre in ihrer historischen Gewordenheit und gegenwärtigen Formierung zu leisten haben. Das bisher unter metatheoretischen Fragen Behandelte verweist zum einen darauf, dass eines der vielen Ergebnisse, zu denen die innovative Lehrmethode, die von Angelika Schnell und Eva Sommeregger entwickelt wurde, führt, ist, dass sie ein metatheoretisches Forschungsfeld eröffnen. Zum anderen, möchte ich unter dem Rückgriff auf das, was ihre Lehrmethode als Eingriff in die Verhältnisse der Trennung der Wissensgebiete innerhalb der universitären Architekturlehre selbst darstellt, noch darauf zu sprechen kommen, was sich aus ihrer Lehrmethode für Forschungspotenzial auf der Ebene der Metatheorie ausmachen lässt. Konventionellerweise sind die Lehre der Architekturgeschichte sowie die Lehre der Architekturtheorie von der Entwurfslehre getrennt. Durch die Aufhebung dieser häufig noch weiter bestehenden Trennung im Lehrveranstaltungsformat »Entwurfsprojekt in Geschichte, Theorie, Kritik« sowie durch die Etablierung einer experimentierenden Wendung zum Performativen, die zu kritischen Wiederaufnahmen und neuen Analysen von historischen Architekturentwürfen mit den Mitteln des Entwerferischen selbst führt, ist hier eine Forschungsmethode angelegt worden, die sich hinkünftig auch auf der Ebene der Metatheorie wird anwenden und einsetzen lassen. Dieses zukünftige metatheoretische Forschungsfeld zu den genannten drei Fragestellungen der Bestimmungen der Verhältnisse zwischen Architektur, Entwurf und Lehre könnte die bereits angelegte Wendung zum Performativen, das das Entwerferische auch auf der Ebene von Geschichte, Theorie und Kritik forschend einsetzt, mitvollziehen. Diese Wendung zum Performativen für ein metatheoretisches Forschungsfeld einzusetzen, müsste notwendigerweise auch weitere Projekte der Kritik beinhalten und sich für diese offen halten, wie das kritische Projekt einer intersektional differenzierenden Zugangsweise oder einer die unaufgelöste postkoloniale Situation in den Blick nehmenden Zugangsweise, was auch den historisch zu erschließenden Kanon an Entwürfen selbst betrifft. Die Innovation der Lehrmethode besteht darin, diese Wendung zum performativen und entwerferisch vorgehenden Forschen in Hinblick auf ein metatheoretisches Untersuchungsfeld vorstellbar gemacht zu haben.

Elke Krasny